Kapitalerträge & anschaffungsnahe Herstellungskosten

1. Finanzgericht ermöglicht nachträgliche Günstigerprüfung bei Kapitalerträgen nach Änderung des Steuerbescheides

Einkünfte aus Kapitalvermögen werden grundsätzlich mit einer Abgeltungssteuer von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer versteuert. Dies führt nur bei sehr hohen weiteren Einkünften zu einer wirklichen Entlastung. Die Anwendung der tariflichen Einkommensteuer führt bei einer großen Zahl von Steuerpflichtigen zu einer günstigeren Versteuerung. Kurzes Beispiel:

Abgeltungssteuer: 10.000,00 EUR Dividenden x 25 % = 2.500,00 EUR Steuern

Nach der tariflichen Besteuerung unterstellen wir im Beispiel einen persönlichen Spitzensteuersatz von 30 %. Dann ergeben sich nach dem

Teileinkünfteverfahren bei Dividendenerträgen von 10.000,00 EUR

x 60 % ein steuerpflichtigen Anteil von nur 6.000,00 EUR

darauf entfallene Einkommensteuer nur (!) 1.800,00 EUR

Der Antrag auf diese Günstigerprüfung ist bis zur Bestandskraft des Steuerbescheides möglich.

Folgendes Problem besteht in der Praxis: Wird mit den übrigen Einkünften ein Spitzensteuersatz über 40 % erreicht, erfolgt der Antrag auf Günstigerprüfung ggf. nicht. Vermindern sich später die übrigen Einkünfte (zum Beispiel durch eine Betriebsprüfung oder Verlustzuweisung) kann der Antrag bisher nicht mehr nachgeholt werden.

Das Finanzgericht Köln entschied mit Urteil vom 30.03.2017 (15 K 2258/14) nun zugunsten des Steuerpflichtigen, dass eine Änderung auch später möglich ist. Voraussetzung war im vorliegenden Urteil unser oben beschriebenes Praxisproblem. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH dem folgen wird; die Revision ist bereits anhängig.

Zwei Hinweise möchten wir in diesem Zusammenhang geben:

  • Haben Sie Einkünfte aus Kapitalvermögen, so stellen Sie immer den Antrag. Bei jeden Änderungen des Steuerbescheides wird die Prüfung dann von Amtswegen durchgeführt.
  • Wurde der Antrag nicht gestellt und der Steuerbescheid wird mit einer niedrigeren Steuerfestsetzung geändert, so stellen Sie den Antrag. Wird der Antrag abgelehnt, dann verweisen Sie im Einspruch auf das oben genannte Urteil und beantragen das Ruhen des Verfahrens.

2. Die Beseitigung mutwillig herbeigeführter Schäden führt nicht zu anschaffungsnahen Kosten

Zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. In mehreren BFH Urteilen wurde deutlich, dass so gut wie alle Investitionen in die Immobilie zu diesen anschaffungsnahen Kosten gehörten.

Mit dem BFH-Urteil vom 09.05.2017 (IX R 6/16) schafft das Gericht eine zu beachtende Ausnahme von diesem Grundsatz. Werden Kosten aufgewendet für die Beseitigung von Schäden, die ein Mieter mutwillig nach der Anschaffung verursacht hat, so gehören diese nicht in die Betrachtung der 15 %.

Hintergrund für das Urteil ist eine verpachtete Eigentumswohnung, in der vom Mieter mutwillig Schäden verursacht wurden. Nach unserer Auffassung ist der Urteil auch auf gewerbliche Einkünfte und somit auf jede Gewerbeimmobile anwendbar.

Warum ist das Urteil wichtig? In der Praxis werden Instandhaltungsmaßnahmen innerhalb der ersten drei Jahre vom neuen Eigentümer nur mit einem Betrag aufgewandt, der kontrolliert unter den oben genannten 15 % liegt. Mutwillig herbeigeführte Schäden würden diese Steuergestaltung stören. Nach dem vorliegenden Urteil sind diese Aufwendungen nicht mehr in die 15 %-Regelung einzubeziehen. Anderslautende Rechtsauffassung sollten Sie über Ihren steuerlichen Berater anfechten lassen.