GoBD 2020 und Verfahrensdokumentation

Betrachten wir „historische“ Buchführungsprozesse so stellen wir fest, dass diese im Wesentlichen von einer manuellen Bearbeitung geprägt waren. Je nach Größe der Unternehmen wurden die Aufgaben auf einen oder eine Vielzahl von Mitarbeitern verteilt. All diese Personen wussten für ihren Bereich und übergreifend von den zu verantwortenden rechnungslegungsrelevanten Prozessen.

Heute werden mit fortschreitender Digitalisierung diese Aufgaben und Prozesse intransparenter. Immer weniger Personen wissen von immer mehr komplexen Verarbeitungsabläufen, weshalb es zu sogenannten Wissensmonopolen kommen kann.

Im Jahre 2014 wurden von der Finanzverwaltung erstmals die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) niedergeschrieben. Damit wollte man u. a. für Zwecke der Prüfungsvorbereitung durch die Finanzverwaltung sicherstellen, dass der Prüfer sich einen ausreichend umfassenden Überblick über die fraglichen Prozesse verschaffen kann.

Mit dem BMF-Schreiben vom 28. November 2019 wurde das Schreiben aus dem Jahre 2014 aktualisiert. Wir möchten im Folgenden auf einige wichtige Punkte eingehen.

Unter Datenverarbeitungssystemen wird die eingesetzte Hard- und Software verstanden, mit denen rechnungslegungsrelevante Daten und Dokumente erzeugt, empfangen, übernommen, verarbeitet, gespeichert oder übermittelt werden. Dazu gehören sowohl die Hauptsysteme als auch die Vor- und Nebensysteme (insbesondere auch Kassen-, Warenwirtschafts-, Zahlungsverkehrssysteme, Taxameter, Geldspielgeräte, elektronische Waagen, Materialwirtschaft, Fakturierung, Zeiterfassung, Archivsystem, Dokumenten-Management-System) einschließlich der Schnittstellen zwischen den Systemen. Aus Sicht der Finanzverwaltung gehört dazu auch der E-Mail-Verkehr, soweit er sich auf rechnungslegungsrelevante Sachverhalte bezieht. Auf die Bezeichnung oder auf dessen Größe (z. B. Einsatz von Einzelgeräten oder von Netzwerken) kommt es dabei nicht an. Ebenfalls kommt es nicht darauf an, ob die betreffenden DV-Systeme vom Steuerpflichtigen als eigene Hardware bzw. Software erworben und genutzt oder in einer Cloud bzw. als eine Kombination dieser Systeme betrieben werden.

Somit stehen nicht nur die reinen Buchführungssysteme, sondern insbesondere auch die Vorsysteme im Fokus der Finanzverwaltung.

Es ist daher ratsam, alle Abläufe und Verarbeitungen so transparent wie möglich zu beschreiben. Dies dient nicht nur dem externen Prüfer der Finanzverwaltung. Vielmehr können sich auch die eigenen Mitarbeiter in angemessener Zeit einen Überblick verschaffen.

In den oben genannten BMF-Schreiben wird dies als „Verfahrensdokumentation“ gefordert. In dem 44-seitigen Schreiben wird dieses Wort 22-mal aufgeführt. Daraus könnte man ableiten wie wichtig der Finanzverwaltung diese Beschreibung ist.

Fehlt eine Verfahrensdokumentation, so sah die Finanzverwaltung früher darin einen formellen Mangel in der Buchführung. Mit dem neuen BMF-Schreiben 2020 wird dieser Mangel nicht mehr so deutlich ausgewertet.

Aus unserer Sicht stellen die GoBD Wunschvorstellungen der Finanzverwaltung dar, wofür wir jedoch keine gesetzlichen Grundlagen vorfinden können. Deshalb sind bisher beim BFH noch keine wegweisenden Urteile zu diesem Thema zu finden. Bemängelt der Betriebsprüfer das Fehlen der Verfahrensdokumentation, dann verweisen Sie auf Ihren Steuerberater, welcher das Thema schnell beenden kann.

Aus Unternehmenssicht sollte sich jedoch jeder mit einer Dokumentation der digitalisierten Prozesse beschäftigen und auch ggf. externe Beratung dafür einsetzen, um das Risiko der „Betriebsblindheit“ zu minimieren. Wie wir oben bereits ausführten, werden die Prozesse auf Grund der Digitalisierung immer intransparenter. Wir treffen in der Praxis häufig „Nichtwissen“ an, wenn wir digitalisierte Rechnungslegungsabläufe hinterfragen. Ein externer Berater, welcher auch Ihr Steuerberater sein kann, wird die Prozesse nicht nur aufzeichnen, sondern auch hinterfragen.